Mastzelle Allergie Juckreiz Ausschlag

Die Mastzelle und ihre Hauptrolle bei Allergien

Bei allergischen Reaktionen sind verschiedene Zelltypen und Botenstoffe involviert. Neben den Basophilen, Eosinophilen, Neutrophilen und Makrophagen spielen vor allem die Mastzellen die Hauptrolle bei Allergien und Pseudoallergien.1

Funktion der Mastzelle

Die Mastzelle ist ein Teil unseres Immunsystems und zählt zu den Leukozyten (weißen Blutkörperchen). Im Jahr 1878 wurde sie das erste Mal vom Medizinstudenten Paul Ehrlich beschrieben. Er gab ihr den Namen „Mastzelle“, da sie eine so prall gesättigte Form hatte und gut genährt wirkte.2

Dieser Zelltyp befindet sich in jedem Gewebe unseres Körpers. Vor allem aber gehäuft in den Geweben, die direkte Grenzflächen zur Umwelt darstellen, wie Haut, Augen, Magen-Darm-Trakt, Atemwege und Wunden.3

Ihre physiologische Aufgabe besteht u.a. in der Abwehr von Krankheitserregern und der Wundheilung. Eine große Rolle spielen die Mastzellen jedoch auch in der Pathophysiologie von allergischen/pseudoallergischen Reaktionen und entzündlichen Erkrankungen, wie Asthma, Allergien, Neigung zu Anaphylaxien, Magen-Darm-Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.3

Mastzellrezeptoren und ihre Liganden

Die Mastzelle ist mit mehreren hundert Mediatoren (Botenstoffen) gefüllt und besitzt zahlreiche Rezeptoren auf ihrer Oberfläche.4

Kurzer Exkurs: Sobald ein Molekül an seinen passenden Rezeptor bindet (Schlüssel-Schloss-Prinzip), wird je nach Substanz, eine individuelle Aktion ausgelöst. Substanzen, die an Rezeptoren binden und dort eine Wirkung auslösen, werden Liganden genannt. 

Die Mastzelle und einige ihrer Mediatoren

Abbildung 1 Die Mastzelle besitzt zahlreiche Rezeptoren über die verschiedene Liganden Vorgänge in der Zelle aktivieren oder hemmen können.

Bindet ein Ligand an seinen Rezeptor, dann kann gezielt nur ein bestimmter Botenstoff ausgeschüttet werden, oder auch mehrere gleichzeitig. Diese Substanzen sind entweder in kleinen Bläschen, den sogenannten Granula gespeichert, diffundieren durch die Membran, benutzen Transporter oder müssen erst noch von der Mastzelle neu hergestellt werden („de-novo Synthese“).

Bei einer Soforttyp-Allergie bindet der IgE-Antikörper an das Allergen und löst dann über den spezifischen IgE-Rezeptor “Fc epsilon RI” das Signal zur Aktivierung aus.

Eine Ausschüttung mehrerer Mediatoren gleichzeitig, wie es bei einer Anaphylaxie der Fall ist, wird auch Degranulation genannt. Dabei schrumpft die Mastzelle regelrecht in sich zusammen.

Es gibt aber auch Liganden, welche die Aktivität der Mastzelle herunterregulieren können, sowie die Proliferation (Vermehrung) und die Differenzierung (Zellspezialisierung) stimulieren (siehe Abb. 1).4

Substanzen, die zur Aktivierung der Mastzelle beitragen können

Abbildung 2 Das Gift der Wespe kann bei Allergikern eine starke Mastzellaktivierung auslösen.

Es gibt auch nicht-chemische Auslöser, wie z.B.

Schau dir in unserem Video an, welchen Einfluss Stress auf Mastzellen hat.

Substanzen, die zur Stabilisierung der Mastzelle beitragen können

Weitere Substanzen, die die Mastzellen stabilisieren können findest du im Beitrag „29 interessante Mastzellstabilisatoren“.

Aufgrund der individuellen biochemischen Konstitution bei Mastzellerkrankungen, gibt es auch Fälle in denen Substanzen, die als mastzellstabilisierend beschrieben werden, nicht vertragen werden.

Mastzellmediatoren

Als Hauptakteurin im Allergiegeschehen, kann die Mastzelle nach Stimulation durch oben genannte Auslöser 500-1000 Mediatoren ausschütten (siehe Abb. 3).8 Diese große Anzahl an Botenstoffen ist auch der Grund, weshalb es bei einer Aktivierung der Mastzelle zu so vielfältigen Symptomen kommen kann.

Der bekannteste Botenstoff ist das Gewebshormon und der Neurotransmitter Histamin, dessen pathologische Auswirkungen pharmakologisch mit Antihistaminika therapiert werden.

Mehr zu Antihistaminika: “Antihistaminika und die vier Histaminrezeptoren”

Abbildung 3 Die Mastzelle ist in ihrem Inneren mit hunderten von Botenstoffen gefüllt, die alle unzählige Stoffwechselvorgänge aktivieren können.

Nach der Aktivierung einer Mastzelle kommt es zu einer Mischung aus Sofortausschüttung und zeitverzögerter Ausschüttung der Mediatoren. Dies ist mitunter der Grund dafür, dass es sofort auftretende, aber auch erst später auftretende Reaktionen gibt.

Beispiele einiger Mediatoren:

Beispiele für Botenstoffe, die aufgrund der de-novo Synthese zeitverzögert ausgeschüttet werden:2,27

Erkrankungen der Mastzelle

Es existieren mehrere Arten von Mastzellerkrankungen. Dazu zählen unter anderem die systemische Mastozytose, die kutane Mastozytose und das Mastzellaktivierungssyndrom.28

Auch wenn die Ursachen dieser Mastzellerkrankungen unterschiedlich sind, so haben sie doch dieselbe Folge. Die Mastzellen verhalten sich abnormal, was zu einer vermehrten Ausschüttung ihrer Botenstoffe führt.

Für Betroffene bedeutet dies zu Beginn detektivisches Gespür um die jeweils individuellen Auslöser (Trigger) herauszufinden. Der Alltag wird zum täglichen Spießrutenlauf, da diese Trigger bei einigen Betroffenen auch schwere anaphylaktische und anaphylaktoide Reaktionen auslösen können.

Gerade bei Reaktionen auf Duftstoffe, denen man in der Öffentlichkeit nicht entkommen kann, bedeutet dies oft ein sehr eingeschränktes soziales Leben. Hinzu kommen in den meisten Fällen noch Nahrungsmittelallergien und/oder Nahrungsmittelintoleranzen, sowie Medikamentenunverträglichkeiten.

Disclaimer

Die Inhalte dieses Artikels sind keine Medikamenten- oder Therapieempfehlungen. Diese Information dient lediglich der Aufklärung. Jegliche Veränderung der Therapie ist mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.


Abonniere unseren Newsletter und erhalte 10 % Rabatt auf einen Einkauf deiner Wahl!

Du wirst als Erstes informiert, wenn wir neue Produkte haben, es neue Artikel im Science Blog gibt oder wenn eine Rabattaktion stattfindet.

Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Quellen

1.         Tordesillas L, Berin MC, Sampson HA. Immunology of Food Allergy. Immunity. 2017;47(1):32-50. doi:10.1016/j.immuni.2017.07.004

2.         da Silva EZM, Jamur MC, Oliver C. Mast Cell Function. J Histochem Cytochem. 2014;62(10):698-738. doi:10.1369/0022155414545334

3.         Krystel-Whittemore M, Dileepan KN, Wood JG. Mast Cell: A Multi-Functional Master Cell. Frontiers in Immunology. 2016;6:620. doi:10.3389/fimmu.2015.00620

4.         Yu Y, Blokhuis BR, Garssen J, Redegeld FA. Non-IgE mediated mast cell activation. Eur J Pharmacol. 2016;778:33-43. doi:10.1016/j.ejphar.2015.07.017

5.         Lu L, Kulka M, Unsworth LD. Peptide-mediated mast cell activation: ligand similarities for receptor recognition and protease-induced regulation. J Leukoc Biol. 2017;102(2):237-251. doi:10.1189/jlb.3RU1216-539R

6.         Molderings GJ, Baenkler HW Dustri Verlag Dr Karl Feistle. Salicylat-Intoleranz, Pseudo-Allergien, Mastozytose.; 2022.

7.         Vasiadi M, Kempuraj D, Boucher W, Kalogeromitros D, Theoharides TC. Progesterone inhibits mast cell secretion. Int J Immunopathol Pharmacol. 2006;19(4):787-794. doi:10.1177/039463200601900408

8.         Theoharides TC. Neuroendocrinology of mast cells: Challenges and controversies. Exp Dermatol. 2017;26(9):751-759. doi:10.1111/exd.13288

9.         Marshall JS, Portales-Cervantes L, Leong E. Mast Cell Responses to Viruses and Pathogen Products. Int J Mol Sci. 2019;20(17):4241. doi:10.3390/ijms20174241

10.       Kempuraj D, Asadi S, Zhang B, et al. Mercury induces inflammatory mediator release from human mast cells. J Neuroinflammation. 2010;7:20. doi:10.1186/1742-2094-7-20

11.       Alsaleh NB, Persaud I, Brown JM. Silver Nanoparticle-Directed Mast Cell Degranulation Is Mediated through Calcium and PI3K Signaling Independent of the High Affinity IgE Receptor. PLoS One. 2016;11(12):e0167366. doi:10.1371/journal.pone.0167366

12.       Alsaleh NB, Brown JM. Exposure to silver nanoparticles primes mast cells for enhanced IgE/FcɛR1-mediated activation. The Journal of Immunology. 2018;200(1 Supplement):105.13-105.13.

13.       Titanium dioxide particle – induced goblet cell hyperplasia : association with mast cells and IL-13 | SpringerLink. Accessed November 6, 2021. https://link.springer.com/article/10.1186/1465-9921-6-34

14.       Molderings GJ, Haenisch B, Brettner S, et al. Pharmacological treatment options for mast cell activation disease. Naunyn-Schmiedeberg’s Arch Pharmacol. 2016;389(7):671-694. doi:10.1007/s00210-016-1247-1

15.       Jennings SV, Slee VM, Finnerty CC, Hempstead JB, Bowman AS. Symptoms of mast cell activation: The patient perspective. Annals of Allergy, Asthma & Immunology. 2021;127(4):407-409. doi:10.1016/j.anai.2021.07.004

16.       Miller CS, Palmer RF, Dempsey TT, Ashford NA, Afrin LB. Mast cell activation may explain many cases of chemical intolerance. Environmental Sciences Europe. 2021;33(1):129. doi:10.1186/s12302-021-00570-3

17.       Oliver F, Amon EU, Breathnach A, et al. Contact urticaria due to the common stinging nettle (Urtica dioica)—histological, ultrastructural and pharmacological studies. Clinical and Experimental Dermatology. 1991;16(1):1-7. doi:10.1111/j.1365-2230.1991.tb00282.x

18.       Kimata M, Shichijo M, Miura T, Serizawa I, Inagaki N, Nagai H. Effects of luteolin, quercetin and baicalein on immunoglobulin E-mediated mediator release from human cultured mast cells. Clin Exp Allergy. 2000;30(4):501-508. doi:10.1046/j.1365-2222.2000.00768.x

19.       Liu ZQ, Li XX, Qiu SQ, et al. Vitamin D contributes to mast cell stabilization. Allergy. 2017;72(8):1184-1192. doi:10.1111/all.13110

20.       Vasiadi M, Kalogeromitros D, Kempuraj D, et al. Rupatadine inhibits proinflammatory mediator secretion from human mast cells triggered by different stimuli. Int Arch Allergy Immunol. 2010;151(1):38-45. doi:10.1159/000232569

21.       Meloto CB, Ingelmo P, Perez EV, et al. Mast cell stabilizer ketotifen fumarate reverses inflammatory but not neuropathic-induced mechanical pain in mice. PAIN Reports. 2021;6(2):e902. doi:10.1097/PR9.0000000000000902

22.       Cimpean AM, Raica M. The Hidden Side of Disodium Cromolyn: from Mast Cell Stabilizer to an Angiogenic Factor and Antitumor Agent. Arch Immunol Ther Exp. 2016;64(6):515-522. doi:10.1007/s00005-016-0408-8

23.       Ringvall M, Rönnberg E, Wernersson S, et al. Serotonin and histamine storage in mast cell secretory granules is dependent on serglycin proteoglycan. J Allergy Clin Immunol. 2008;121(4):1020-1026. doi:10.1016/j.jaci.2007.11.031

24.       Caughey GH. Mast cell proteases as protective and inflammatory mediators. Adv Exp Med Biol. 2011;716:212-234. doi:10.1007/978-1-4419-9533-9_12

25.       Landucci E, Laurino A, Cinci L, Gencarelli M, Raimondi L. Thyroid Hormone, Thyroid Hormone Metabolites and Mast Cells: A Less Explored Issue. Front Cell Neurosci. 2019;13. doi:10.3389/fncel.2019.00079

26.       Oschatz C, Maas C, Lecher B, et al. Mast Cells Increase Vascular Permeability by Heparin-Initiated Bradykinin Formation In Vivo. Immunity. 2011;34(2):258-268. doi:10.1016/j.immuni.2011.02.008

27.       Hasler WL, Grabauskas G, Singh P, Owyang C. Mast cell mediation of visceral sensation and permeability in irritable bowel syndrome. Neurogastroenterology & Motility. Published online March 21, 2022:e14339. doi:10.1111/nmo.14339 28.       Theoharides TC, Valent P, Akin C. Mast Cells, Mastocytosis, and Related Disorders. Ingelfinger JR, ed. N Engl J Med. 2015;373(2):163-172. doi:10.1056/NEJMra1409760

Autor

  • Thomas

    Histameany habe ich gegründet, da ich selbst von Allergien und Pseudoallergien betroffen bin. Ich habe Biochemie studiert und möchte diese wissenschaftliche Expertise nutzen, um euch im Science-Blog die grundlegenden Zusammenhänge solcher Erkrankungen zu erklären und euch über den aktuellen Stand der Wissenschaft in diesem Bereich zu informieren.

    Alle Beiträge ansehen

5 1 vote
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
1 Kommentar
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Rita

Interessanter Artikel,herzlichen Dank!