Inhaltsverzeichnis
Steckbrief von Vitamin C
Die Ascorbinsäure, welche auch unter ihrem Trivialnamen Vitamin C bekannt ist, gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen und hat einen stark reduktiven Charakter. Das bedeutet, dass sie als Antioxidans wirkt. Ihre korrespondierende Base wird Ascorbat genannt und wird oft in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet, weil sie besonders magenschonend ist. Das Vitamin macht freie Radikale unschädlich und ist an vielen wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt.
Die Ascorbinsäure erfüllt zwar die Definition einer Säure, da sie ein Proton (Wasserstoff-Atom) abgeben kann, jedoch zählt sie nicht zu den klassischen Carbonsäuren, da sie keine Carboxylgruppe trägt. Es handelt sich stattdessen um eine vinyloge Carbonsäure bzw. ein Enol, bei der die Carbonyl- und die Hydroxygruppe nicht an einem Kohlenstoffatom hängen, sondern durch zwei weitere Kohlenstoffatome getrennt sind (Abbildung 1).
Abbildung 1 Ascorbinsäure-Molekül und Carboxylgruppe. Die Ascorbinsäure ist keine klassische Carbonsäure.
Im folgenden Artikel wird auf Eigenschaften eingegangen, die man sich bei einigen chronischen Erkrankungen zu Nutze machen könnte. Am Ende des Artikels befinden sich noch Informationen zum Metabolismus und zur industriellen Herstellung von Ascorbinsäure.
Histaminintoleranz & Allergien
Histamin ist das bekannteste Gewebshormon, das bei allergischen Reaktionen u.a. von Mastzellen und basophilen Granulozyten ausgeschüttet wird. Es befindet sich aber auch in Nahrungsmitteln. Ein erhöhter Histamingehalt im Körper kann zu vielen verschiedenen Symptomen in nahezu allen Organsystemen führen. Mehr dazu kannst du in unserem Basis-Histaminartikel nachlesen.
In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass eine orale, sowie intravenöse Gabe von Ascorbinsäure den Histamingehalt im Blut signifikant senken kann. Auch umgekehrt konnte festgestellt werden, dass bei einem Mangel an Vitamin C der Gehalt an Histamin im Blut steigt.1–3
In einem Reagenzglasversuch (in-vitro) wurde zudem herausgefunden, dass Histamin noch schneller abgebaut wird, wenn zur Ascorbinsäurelösung noch Kupferionen hinzugegeben werden. Dieser Versuch könnte nicht nur auf einen enzymunabhängigen Abbauweg von Histamin durch Vitamin C hindeuten, sondern auch, dass bei einer Histaminose ein gesunder Kupferhaushalt eine wichtige Rolle spielen könnte.4
Das Vitamin ist daher in der Lage das Histaminniveau zu senken und trägt somit bei allergischen Erkrankungen zu einer Entlastung bei.
Ein sehr guter Grund weshalb Vitamin C zur Basismedikation bei Mastzellerkrankungen zählt.8
Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)
EDS ist eine angeborene Störung des Bindegewebes, die oft mit einer Überdehnung der Haut oder der Gelenke einhergeht.
Eine Studie mit zwei EDS Typ VI Patienten zeigte unter der täglichen Gabe von 5 g Natriumascorbat eine bessere Kollagenbildung. Dies verbesserte die Lysylhydroxilierung indem es bei den Patienten die beeinträchtigte Kollagen-Lysylhydroxylase-Aktivität steigern konnte.9 Auch bei einem 8-Jährigen EDS-Patienten konnte durch eine tägliche Gabe von 4 g Ascorbinsäure die Qualität des neu gebildeten Kollagens wesentlich verbessert werden.10 Des Weiteren kann Vitamin C bei EDS Patienten helfen das Auftreten von Blutergüssen zu minimieren.11
Atopische Dermatitis
Das Vitamin spielt in der Hautgesundheit eine große Rolle. Es sorgt zum Beispiel nicht nur für die Kollagensynthese, sondern bildet auch eine gesunde Hautbarriere und schützt vor Hautoxidation. Ein Mangel an Vitamin C steht sogar im Zusammenhang mit der Entwicklung chronischer Hauterkrankungen, wie z.B. Neurodermitis.12
In einer Untersuchung wurden Dermis-Proben von fünf Gesunden und fünf Personen, die an atopischer Dermatitis erkrankt sind, auf ihren Ascorbinsäuregehalt gemessen. Aus den Ergebnissen ging hervor, dass der Vitamin-C-Gehalt in der Dermisschicht bei den Erkrankten im Vergleich zu den gesunden Probanden deutlich erniedrigt ist. Gleichzeitig wurde ein erhöhter Eisenspiegel in den Hautproben der Erkrankten gemessen. Eisen katalysiert sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (ROS), welche im Verdacht stehen chronisch entzündliche Hauterkrankungen zu forcieren. Vitamin C ist daran beteiligt ROS unschädlich zu machen.13
Epstein-Barr-Virus Infektion (EBV)
In einer amerikanischen Studie wurden Patienten aus der Riordan Clinic in Wichita auf das Ansprechen einer EBV Erkrankung durch hochdosiertes Vitamin C untersucht. Bei ihnen wurden vor der Studie erhöhte EBV EA IgG-Werte (178 Patienten) und EBV VCA IgM-Werte (40 Patienten) festgestellt. Die Patienten waren mit akuter Mononukleose, CFS oder einer früher stattgefundenen EBV-Infektion diagnostiziert. Die Hochdosistherapie bestand aus Infusionen mit 7,5 g – 50 g Vitamin C. Die Ergebnisse zeigten unter dieser Therapie einen deutlichen Rückgang der Virusantigene. Das Antikörperniveau stand in direktem Zusammenhang mit der Vitamin C Plasmakonzentration.14
Rheumatoide Arthritis
Bei Untersuchungen von Patienten, die an rheumatoider Arthritis erkrankt sind, wurden erhöhte Werte für reaktive Sauerstoffspezies (ROS) gemessen, welche zu Gewebeschädigungen und einer chronischen Form der Erkrankung beitragen können. Ascorbinsäure ist daran beteiligt ROS unschädlich zu machen und damit den oxidativen Stress zu senken.15
Tagesbedarf und Pharmakokinetik
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 95 mg Vitamin C für Frauen und 110 mg Vitamin C für Männer, während im Ärzte-Taschenbuch “Mikronährstoffe” von Uwe Gröber ein tägliche Basisversorgung mit 200 – 500 mg Vitamin C angegeben ist. Bei Allergien oder Asthma empfiehlt Gröber sogar täglich 1 – 5 g des Vitamins.16,17
Vitamin C kommt hauptsächlich in zwei Formen im menschlichen Körper vor. Es liegt als Ascorbinsäure und als Dehydroascorbinsäure (DHA) vor, wobei die DHA jedoch intrazellulär innerhalb weniger Minuten enzymatisch wieder zu Ascorbinsäure umgewandelt wird.18
Es gibt generell drei Arten der Aufnahme des Vitamins. Erstens den aktiven Transport, zweitens die erleichterte passive Diffusion und drittens die einfache passive Diffusion. Die Aufnahme der Ascorbinsäure erfolgt nach oraler Einnahme hauptsächlich im Dünndarm über den aktiven Transport mittels der natriumabhängigen Vitamin-C-Transporter SVCT-1 und SVCT-2 (SVCT (engl.) = Sodium – Vitamin C – Co -Transporter).
Da Vitamin C im Magen (pH 1) und Dünndarm (pH 5) als ungeladene Ascorbinsäure vorliegt, kann es zu einem gewissen Teil auch den passiven Transport durch die Schleimhautmembran nutzen, was das Anion Ascorbat hier nicht kann. Ob die einfache passive Diffusion auch eine Rolle bei der Aufnahme spielt konnte noch nicht geklärt werden.
Da DHA im Darm nicht enzymatisch wieder zu Ascorbinsäure umgewandelt wird, wie es intrazellulär passieren kann, liegt auch ein erheblicher Teil im Darm als DHA vor.
DHA kann über erleichterte passive Diffusion über die Glukosetransporter GLUT1 und GLUT2 aufgenommen werden. Dieser Transportweg wird vor allem durch die kompetitive Hemmung mit Glucose behindert. 19
Die Aufnahmemenge wird über die SVCTs reguliert, da die Transporter einer Sättigungskinetik unterliegen. So ist mit einer Einnahmemenge von etwa 200 – 400 mg Ascorbinsäure der maximale Plasmaspiegel von 70 – 80 μM erreicht und kann nur durch viel größere Einnahmemengen mehrmals am Tag noch weiter erhöht werden. Es kann z.B. abgeschätzt werden, dass eine Einnahme von dreimal 2 g Vitamin C am Tag zu einer Plasmakonzentration von ungefähr 250 μM führt (Berechnet anhand Daten aus Nielsen et al.20). Werden höhere Plasmaspiegel angestrebt, so kann das mit einer intravenösen Applikation erreicht werden, die nicht auf den SVCT angewiesen ist.18 Vitamin C hat eine Halbwertszeit von etwa 3 h.21 Das heißt, dass eine Vitamineinnahme mehrmals am Tag und in geringerer Menge nützlicher ist, als eine hohe Einmaldosis.
Wechselwirkungen und Kontraindikationen
Ascorbinsäure sollte nicht zusammen mit Selenit eingenommen werden, da das Selenit (Se4+) dabei zu elementarem Selen (Se0) reduziert wird und beide Beteiligten ihre Wirkung verlieren.22
Bei hohen Eisenspiegeln oder einer Hämatochromatose sollte keine zusätzliche Vitamin C Einnahme erfolgen, da Vitamin C die Eisenaufnahme erhöht.23
Wer an einem Glukose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD) leidet, dem sollten ebenfalls keine hohen Dosen an Vitamin C verabreicht werden, da es bei geringer G6PD- Enzymaktivität u.a. zu einer Hämolyse kommen kann, einer Auflösung roter Blutkörperchen.24
Durch ausgiebiges Sonnenbaden sinkt der Vitamin C – Gehalt der Epidermis (oberste Hautschicht). Das Vitamin wird als Oxidationsschutz gegen die durch UV-Strahlung bedingte Hautschädigung verbraucht.25
Ein Metabolit der Ascorbinsäure ist die Oxalsäure.26 Unter bestimmten Bedingungen können Oxalsäure und ihr Salz, das Oxalat, gesundheitliche Probleme bereiten. Zum Beispiel bei einer mangelnden Darmflorabesiedelung durch den oxalatabbauenden Keim Oxalobacter formigenes oder einem erhöhten Risiko Calciumoxalat-Nierensteine zu bilden.27,28 Eine Hyperoxalurie kann auch die Ursache einer seltenen Form der Arthritis sein.29 Aus diesem Grund ist bei solchen Erkrankungen eine Einnahme von höheren Vitamin C Dosen kritisch zu sehen.
Industrielle Herstellung durch bakterielle Fermentation
In den 40er Jahren des 20.Jahrhundert entwickelte der polnische Chemiker Tadeus Reichstein einen Syntheseweg zur Herstellung von Ascorbinsäure aus D-Glucose. Die Reichstein-Synthese kombiniert chemische Synthese und bakterielle Fermentation, da im zweiten Reaktionsschritt bei der Umwandlung von D-Sorbitol zu L-Sorbose das Bakterium Gluconobacter oxydans eingesetzt wird.30
In den Jahren um 1970 wurde in China eine 2-Stufen-Fermentationsroute für Ascorbinsäure aus D-Glucose entwickelt, die kostengünstiger und weniger schädlich für die Umwelt war. Es handelt sich dabei um eine rein fermentative Herstellung. Im ersten Schritt benutzt man den Mikroorganismus Gluconobacter oxydans für die Sorbitolumwandlung. Im zweiten Schritt benötigt man Helferstämme, die für das optimale Wachstum des Hauptstammes sorgt, und einen Hauptstamm, der die Umwandlung von L-Sorbose zu 2-Keto-L-gulonsäure durchführen kann. Hier werden als Helferstämme im industriellen Maßstab vor allem die Helferstämme Bacillus megaterium und Bacillus cereus und als Haupstamm der Mikroorganismus Ketogulonicigenium vulgare für die Umwandlung von L-Sorbose zu 2-Keto-L-gulonsäure.30
Auch wenn inzwischen noch einige andere Synthesewege gefunden wurden, so werden in industriellem, großtechnischem Maßstab nur die Reichstein-Synthese und die 2-Stufen-Fermentation angewendet.30
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Lieber Thomas, eine wirklich sehr interessante, informative Homepage mit sehr vielen aufschlussreichen Beiträgen! Super! Ich habe eine Frage zum Vit C. Bei mir besteht eine Histaminintoleranz und sehr wahrscheinlich ein MCAS. Ich ragiere unter anderem mit Blutdruckentgleisungen. In einer solchen Blutdruckentgleisung habe ich Vit C. in Form von reiner Ascorbinsäure mehrmal ein Löffelchen(120 mg) eingenommen.Der Blutdruck viel sofort um mehrere (!) 10 mmHg, es war sehr erstaunlich. Allerding stieg er ca. 15 Minuten danach wieder über den vorherigen Wert an. Das Gleiche habe ich nocheinmal mit dem gleichen Ergebnis wiederholt. Mich würde sehr die mögliche Ursache hierfür interessieren, habe aber… Weiterlesen »
Liebe Silje, vielen Dank für dein positives Feedback zu unserem Blog. Freut uns, dass er dir gefällt. Es gibt durchaus Studien, die zeigen, dass Vitamin C den Blutdruck senken kann. Bei MCAS empfiehlt Prof. Molderings bis zu 750 mg Vitamin C. Da wir deine Geschichte und deine Werte nicht kennen, können wir das allerdings viel zu schlecht einschätzen. Du solltest so eine Vitamin C Therapie vorab mit einem Therapeuten oder Arzt abstimmen. Bei pseudo/allergischen Erkrankungen macht es durchaus Sinn mehrmals täglich Vitamin C niedrig dosiert einzunehmen, um einen guten Vitamin C Plasmaspiegel zu erreichen. Unsere Kapseln haben wir extra mit… Weiterlesen »
Hallo Thomas,
vielen Dank für deine schnelle Antwort.
Vielleicht habe ich mich nicht ganz verständlich ausgedrückt.
Meine Frage / Problem ist nicht, ob das Vit C. hilft, sondern der starke Anstieg nach vorheriger rapider Senkung.
Ich denke, dass das Vit C bei mir die Mastzellen aktiviert, zumindestens in der akuten Krise.
Es hätte mich interessiert, ob dir sowas bekannt ist oder es weitere Belege/Erklärungen hierzu gibt.
Liebe Grüße
Silje
Sehr informativ, dankeschön! Ich bekomme immer 2 Tage nach dem Verzehr von Orangensaft, Früchtetee oder Calciumascorbatpulver stark juckenden Hautausschlag an den Beinen (bin MCAS-Patient und habe auch Eisenmangel). Wie ist das biochemisch erklärbar?
Hallo Sabine, gerne, das freut mich, wenn der Artikel interessant für dich war! Zitrusfrüchte können auch bei Neurodermitis eine Verschlechterung des Hautbildes verursachen und auch bei Allergien sind Spättypreaktionen bis zu 72 h nach Allergenkontakt bekannt. Es gibt Immunreaktionen, die sehr langsam ablaufen. Ich kenne das von Asthma. Dort werden zunächst spontan von Mastzellen die üblichen Verdächtigen ausgeschüttet (Histamin, Serotonin, Substanz P, u.a.), welche die Atemwege verengen. Dann kommt es innerhalb von Minuten zur Ausschüttung von Lipidmediatoren (Prostaglandine, Leukotriene u.a.). Es werden u.a. auch weitere Immunzellen angelockt, was etwas dauern kann. Und schließlich wird auch die Genexpression verändert, was Stunden… Weiterlesen »
Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Für das Review würde mein Englisch vielleicht reichen, aber meine Fachkenntnis nicht 😏… Im Zusammenhänge erkennen bin ich in den letzten Jahren Profi geworden, obwohl mich einige immer noch überraschen. Dabei habe ich gelernt, dass ich immer nur eine Sache in meinem Leben verändern darf (Nahrung, Kosmetik, Medikament, Verhalten…) und das möglichst drei Wochen testen muss. Je nach Kombination kann es vorkommen, dass ich noch mal zwei Schritte zur vorletzten Änderung zurück muss. Das mit den nachgeschalteten oder sehr langsam ablaufenden Entzündungsprozessen hört sich daher für mich am plausibelsten an. Ich habe gehört, dass… Weiterlesen »
Gern geschehen 🙂 Ich habe zur Absorption über die Mundschleimhaut bei einer kurzen Suche nur ein Paper gefunden (https://www.cambridge.org/core/journals/british-journal-of-nutrition/article/absorption-of-vitamin-c-from-the-human-buccal-cavity/E10B16465BD98762C24884045A03B9F0). Es wird Vitamin C über die Mundschleimhaut aufgenommen, jedoch ist das ein pH abhängiger Prozess. Je niedirger der pH, umso mehr wird aufgenommen, weil das Vitmain C dann ungeladen vorliegt. Und die Aufnahme ist auch abhängig von dem Milieu, also z.B. ob Natrium- oder Calciumionen vorhanden sind. Geladen kann Ascorbinsäure die Mundschleimhaut nicht durchdringen. In dem Paper wird berichtet, dass innerhalb von 5 Minuten ca. 0,15 % der L-Ascorbinsäure über die Mundschleimhaut aufgneommen werden. Bei höherer Anfangskonzentration wurde entsprechend mehr aufgenommen.… Weiterlesen »