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Keine Pauschallösung für alle bei Allergien und Intoleranzen
Für gesunde Ernährung gibt es leider keine Pauschalempfehlung. Jeder Mensch ist individuell, wodurch eine gesunde Ernährung bei Jedem etwas anders aussehen kann. Eine standardisierte gesunde Ernährung kann sogar zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen.
Klar ist, dass Fastfood, Fertiggerichte und Softdrinks, also hochverarbeitete und künstliche Lebensmittel, für niemanden eine gesunde Ernährung darstellen. Aber wie ist es mit den Empfehlungen für Gemüse und Obst oder mit anti-entzündlicher Ernährung, wenn Allergien und Intoleranzen bestehen? Im folgenden Beitrag findest du ein paar Beispiele dazu, wann eine augenscheinlich gesunde Ernährung nach hinten losgehen könnte.
„An apple a day keeps the doctor away“
… vorausgesetzt du leidest nicht an einer Allergie auf Äpfel, Kreuzallergie auf Baumpollen oder Fruktoseintoleranz bzw. Fruktosemalabsorption.
IgE-Allergie und Kreuzallergie
Bei einer IgE-vermittelten Allergie kommt es durch den Kontakt mit dem Antigen (hier Apfelprotein) zu einer Aktivierung der Immunzellen (Basophile, Mastzellen) und eine allergische Reaktion ist die Folge. Hierbei werden hunderte meist pro-entzündliche Botenstoffe ausgeschüttet, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können.
Im Mittelmeerraum geht die Apfelallergie häufig mit einer Pfirsichallergie einher, während in Nord- und Mitteleuropa allergische Reaktionen auf Apfel häufig bei Birkenpollenallergie auftritt. Dies nennt man dann Kreuzallergie, da eine Allergie gegenüber eines ähnlichen Proteins besteht und es dadurch auch bei den sog. Kreuzallergenen zu Symptomen kommen kann.1
In diesem Beitrag erfährst du mehr Details über 9 verschiedene Mastzellbotenstoffe und ihre Wirkung: “Mastzellaktivierung – Histamin ist nicht alles“
Fruktoseintoleranz / Fruktosemalabsorption
Durch eine gestörte Fruktoseaufnahme gelangt das Fruchtzuckermolekül bis in den Dickdarm. Dort kann es nicht nur Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen auslösen, sondern auch die essenzielle Aminosäure L-Tryptophan komplexieren.
L-Tryptophan kann als Folge davon nicht mehr vom Körper aufgenommen werden, wodurch es zu einem Mangel kommen kann. Diese Aminosäure ist u.a. die Vorstufe für Serotonin, dem sog. Glückshormon, und Melatonin, dem Schlafhormon. Fehlt Tryptophan, kann es zu Depressionen und Schlafstörungen kommen. Und zu wenig Schlaf führt wiederum zu entzündlichen Prozessen im Körper.2–6
Mehr dazu kannst du hier nachlesen: “Depressionen und Schlafstörungen bei Fruktosemalabsorption“
Abbildung 1 Bei einer Unverträglichkeit auf Fruktose, kann es beim Verzehr von fruktosehaltigen Lebensmitteln zu Depressionen und Schlafstörungen kommen.
Hautprobleme, Vollkorn und Glutenfrei
Vollkorngetreide aber auch glutenfreie Kohlenhydratquellen, wie Hafer und Hirse, haben eines gemeinsam: viel Nickel.
Orale Nickelallergie
Ein klassisches Symptom bei einer oralen Nickelallergie ist das Auftreten von Hautekzemen. Aufgrund des hohen Nickelgehaltes können Vollkorn-Produkte, wie Vollkorn-Weizen/Dinkel, Vollkornreis, Hafer und auch Pseudogetreide wie Hirse, diese Ekzeme verschlimmern.17
Beispiel: Ein Hirse- oder Haferporridge mit Nüssen und Kokosflocken ist eine nickelreiche Mahlzeit und kann bei Personen mit systemischem Nickelallergiesyndrom stark entzündlich wirken. Als Folge werden viele Zytokine ausgeschüttet, allen voran das Interleukin 5 (IL-5).
IL-5 aktiviert Zelltypen, die alle an der Entstehung allergischer und entzündlicher Erkrankungen beteiligt sind: Basophile, Eosinophile und Mastzellen.7–9
Mehr zum Zusammenhang zwischen oraler Nickelallergie und Histaminintoleranz kannst du im Gastbeitrag von Ulrike Werschke nachlesen: “Der Einfluss von Nickel auf die Histaminintoleranz“
Abbildung 2 Bei einer oralen Nickelallergie kommt es häufig zu Beschwerden mit der Haut.
Fermentierte Kost, Allergiesymptome und Lebensmittelvergiftung
Fermentierte Lebensmittel sind super für die Darmgesundheit. Sie tragen nicht nur zu einer höheren Bakterien-Diversität im Darm bei, sondern liefern auch wichtige Substanzen für die Darmgesundheit, wie z.B. Milchsäure. Gleichzeitig können jedoch auch große Mengen an biogenen Aminen enthalten sein, wie z.B. Histamin.
Histaminabbaustörung
Bakterien in Fermentationsprodukten sind in der Lage aus Aminosäuren biogene Amine zu bilden. Zu den biogenen Aminen zählt z.B. auch Histamin, was aus der Aminosäure Histidin gebildet wird. Weitere biogene Amine sind:
- Tyramin, das aus der Aminosäure Tyrosin gebildet wird
- Putrescin, das aus der Aminosäure Ornithin (Vorstufe: L-Arginin) gebildet wird
- Cadaverin, das aus der Aminosäure Lysin gebildet wird
Werden bei einer Histaminabbaustörung Lebensmittel mit einer hohen Konzentration biogener Amine konsumiert, dann kann dies die Symptomatik deutlich verschärfen.
Biogene Amine können sich nicht nur in Ihrer Wirkung gegenseitig verstärken, sondern sind auch in der Lage den Histaminabbau über das Enzym Diaminoxidase (DAO) zu beeinträchtigen. Dabei können nicht nur klassische Allergiesymptome ausgelöst werden, sondern auch Symptome einer Lebensmittelvergiftung auftreten. Als weitere Folge kommt es auch hier zu vermehrt entzündlichen Prozessen im Körper.10–12
Was Histamin genau ist, welche Symptome auftreten können und wie Histamin abgebaut wird, erfährst du in diesem Beitrag: “Histamin – unser Freund und Feind“
Abbildung 3 Bei einer Histaminintoleranz können fermentierte Speisen gesundheitliche Beschwerden auslösen.
Die entzündliche “Anti-Entzündungsernährung”
Kann es das geben? Eine anti-entzündliche Ernährung, die Entzündungen fördert? Ja, bei einer Salicylatintoleranz ist dies möglich.
Salicylatintoleranz
Ein Weg um eine antientzündliche Wirkung zu erzeugen, ist die Blockade des Cyclooxigenase-1-Enzyms (COX1). Dadurch entstehen weniger entzündungsfördernde Botenstoffe (Prostaglandine). Dieser Mechanismus wird auch in der medikamentösen Therapie bei Schmerzen und Fieber genutzt, wenn mit Schmerzmitteln wie Aspirin, Ibuprofen und Diclofenac das COX1-Enzym gehemmt wird.13
Eine möglich Ursache einer Salicylatintoleranz (SI) ist jedoch eine Störung in genau diesem Mechanismus. Hier kann es bei der Hemmung von COX1 zu einem Anstieg von Leukotrienen kommen, die an allergisch-entzündlichen Erkrankungen wie Asthma und Urtikaria beteiligt sind.14,15
Eine weitere mögliche Ursache einer SI kann an einer gesteigerten Mastzellaktivierung liegen.16 Hier kann es dann nicht nur durch Nahrungsmittelsalicylate selbst, sondern auch verwandte Verbindungen wie Polyphenole (in Früchten, Gemüse, Kräutern) zu allergisch-entzündlichen Symptomen kommen und dadurch eine Histaminose entstehen.
Beispiele: Goldene Milch (Inhaltsstoff Kurkuma) und Resveratrol sind als zwei vermeintliche Wunderwaffen gegen Entzündungen bekannt. Sie wirken antientzündlich indem sie das COX1-Enzym hemmen. Auch Polyphenole wie Quercetin oder EGCG (Grüntee-/Schwarzteeextrakt) werden gerne bei Entzündungen eingesetzt.14 Bei Personen mit Salicylatintoleranz kann es aber durch solche Substanzen zu einem Anstieg von Entzündungen im Körper kommen, da vermehrt pro-entzündliche Botenstoffe ausgeschüttet werden.
Detaillierte Informationen zur Salicylatintoleranz findest du in unserer Reihe:
Die Basics der Salicylatintoleranz
Ursachen der Salicylatintoleranz Teil 1: COX und LOX
Ursachen der Salicylatintoleranz Teil 2: Die Pseudoallergie und Mastzellen
Ursachen der Salicylatintoleranz Teil 3: Entgiftung und Genetik
Abbildung 4 Bei einer Salicylatintoleranz können viele Obst- und Gemüsesorten, Nüsse und Kräuter zu entzündlichen Prozessen im Körper führen.
Wie man sieht, gibt es keine Pauschalempfehlung für eine “gesunde Ernährung”. Eine Ernährung kann nur dann gesund sein, wenn sie auf die individuellen Bedürfnisse angepasst ist.
Ursachensuche statt dauerhaftem Verzicht
Du leidest an Allergien und Intoleranzen und fragst dich, ob du nun für immer auf bestimmte Lebensmittel verzichten musst?
Auch hier gibt es leider keine Pauschalantwort, da es auf die Ursachen ankommt, weshalb diese Unverträglichkeiten entstanden sind. Es kann sich auf jeden Fall lohnen sich auf den Weg der Ursachensuche zu machen.
Bei IgE-Allergien hilft leider hauptsächlich nur der Verzicht. In manchen Fällen kann ggf. eine mastzellstabilisierende Therapie unterstützend sein und auch die Darmgesundheit kann eine große Rolle spielen.
Bei Apfelallergie können z.B. allergenarme Sorten gewählt werden. Auch das Schälen und Erhitzen verbessert die Verträglichkeit.
Bei einer hereditären (vererbbaren) Fruktoseintoleranz oder Zöliakie sind leider Grenzen gesetzt, was die ursächliche Therapie angeht.
Bei anderen Intoleranzen, lohnt es sich aber, immer wieder Lebensmittel auszuprobieren, von denen man weiß oder glaubt zu wissen, dass man sie nicht verträgt.
Unserer Erfahrung nach sind Allergien und Intoleranzen nicht in Stein gemeißelt und es ist durchaus möglich, dass man nach einiger Zeit der Einschränkung und vor allem durch Ursachenbehandlung wieder deutlich mehr Lebensmittel vertragen kann.
Mögliche Faktoren, die zu Unverträglichkeiten beitragen können, sind z.B eine Störung des Darms, der Schilddrüse, der Geschlechtshormone, eine Schwermetallbelastung, bestimmte Medikamente, Nährstoffmängel, chronische Erreger u.v.m.
In diesem Artikel findest du eine Liste von Ursachen, die zu einer Mastzellaktivierung beitragen können: “Die Mastzelle und ihre Hauptrolle bei Allergien“
Disclaimer
Die Informationen in diesem Beitrag dienen lediglich der Aufklärung und stellen keine Therapie- oder Ernährungsempfehlung dar.
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